Warum ist es so, dass man immer, wenn man sich eine ARD-Dokumentation über den Osten anschaut, den Eindruck hat, nicht ein Ostdeutscher in Frankfurt an der Oder, sondern ein Westdeutscher in Frankfurt am Main hätte die redaktionelle Betreuung und die Abnahme übernommen?
Wieso hat man den Eindruck, dass jedes Mal, wenn die Öffentlich-Rechtlichen über Polen berichten, ein Unterton durchzudringen scheint, als wäre jemand im Hintergrund leise am Flüstern und würde den Zuschauern heimlich verdeutlichen wollen, dass die Probleme des Landes im Kern ein Symptom slawischer Rückständigkeit sind, die der wohlsortierte Westen schon abschaffen wird? Als wären Rechtsruck und Demokratiemüdigkeit etwas genuin Osteuropäisches und nichts, was Gesamteuropa betrifft.
Ich habe den Eindruck, dass die mediale Öffentlichkeit in Deutschland, insbesondere die leitmediale Öffentlichkeit, sich einen Filter aufgesetzt hat, der 33 Jahre nach der Wiedervereinigung immer noch etwas Belehrendes, Pädagogisches, Besserwisserisches und Erzieherisches hat.
Tomasz Kurianowicz, berliner-zeitung.de, 03.10.2023 (online)