Als im Februar 1999 der damalige Kanzler Gerhard Schröder bei „Wetten, dass..“ auftrat, empfanden das manche durchaus Ernstzunehmende als eine Art Skandal, weil Kokolores dieser Art der Würde des Amtes widerspreche. Heute gilt es eher als Skandal, wenn sich der Kanzler öffentlichem Kokolores verweigern würde. Bei manchen Spitzenpolitikern wie etwa Markus Söder gehört der Kokolores zum Image. Nicht mehr das Sein bestimmt das Bewusstsein, sondern das Netz. […] Ein Gutes hat die Debatten-Inflation: Als die Duelle weniger waren, schien es für die Sender fast wichtiger zu sein, wer moderiert, als wer diskutiert. Zwischen 2005 und 2017 standen den beiden Diskutanten jeweils vier Moderatoren beziehungsweise Moderatorinnen gegenüber, von denen einige zeigen wollten, wie bedeutend sie selbst waren. Heute ist dieser Wettbewerb im Wettbewerb angesichts der Vielzahl der Gesprächsrunden ziemlich egal: Das ist doch ein Fortschritt.
Kurt Kister, sueddeutsche.de, 07.02.2025 (online)