Kritischer Journalismus – im Sport kann ich das ganz gut beurteilen – ist häufig Pseudo-Kritik. Probleme werden nicht klar adressiert und analysiert, sondern kommen eher als eine Art grundsätzlicher schlechter Laune daher. Da sind wir wieder bei der Distanz zwischen den Protagonisten, die zu einer Grundgenervtheit auf beiden Seiten führt. Der Trainer hat das Gefühl, nach einer Woche Arbeit und einer Umstellung von einer Dreier- auf eine Viererkette nur danach gefragt zu werden, warum der Stürmer jetzt blaue Haare hat. Auf der anderen Seite haben die Berichterstatter das Gefühl, dass sie überhaupt nicht mehr rankommen an die Leute, lustlos mit irgendwelchen Stanzen abgespeist werden. Ich fände es schön, wenn das aufgebrochen würde.
Christoph Biermann, uebermedien, 26.10.2020 (online)