„Kunst für alle“ sollte vielleicht „Kultur für alle“ wieder ablösen. Letzteres war ein Versprechen, das Hilmar Hoffmann als Kulturpolitiker 1979 entwickelt hat, später wurden die Praktiken der Kunst erweitert gedacht, weg von dem rein Repräsentativen. Alle sollen teilhaben an dem Versprechen, das Kunst für unser demokratisches Miteinander bedeutet.
Der Gedanke, dass die Schwellen für Kultur zu senken seien, war ein wertvoller, aber er hat sich nun vollkommen verdreht, er bedeutet nun, Kunst zu dem zu machen, was alle wollen. Die fiktive Quote und der vorauseilende Wille zur Akzeptanz ist dabei entscheidend. Und wie kann diese entwickelt werden? An der reinen Themenförmigkeit, die Einzug gehalten hat in die Kulturredaktionen.
Der Begriff der Kultur habe mittlerweile einen negativen Beigeschmack erhalten, erklärt man mir im Rundfunkrat auf meine Frage, warum RBB Kultur nun Radio 3 heiße. Warum das so ist? Denkt man zu sehr an die Kulturkämpfe von rechts? Ringsum, von BR zu WDR, ist jedenfalls ein Abbau in den Programmformaten zu bemerken. Oft mit absurden Begründungen: Literarische Bücher dürfen nur einmal besprochen werden in der ARD, als wüsste man nicht, dass es um verschiedene Perspektiven und die Diskussion um Literatur geht, und nicht um eine Marketinginformation. Hörspielplätze verschwinden seit Jahren, der Preis „Das Hörspiel des Monats“ soll aufgrund zu weniger Neuproduktionen abgeschafft werden.
Kathrin Röggla, sueddeutsche.de, 24.07.2024 (online)