Aber die Einsichten aus der Geschichte von Mensch und Technik machen auch demütig, was die Lenkbarkeit der Entwicklung angeht: Vieles ist noch ungewiss. Ein zentraler Punkt etwa ist der Versuch, die künstlichen Intelligenzen mit moralischen Vorstellungen zu füttern. Man möchte nicht, dass sie rassistische oder andere Vorurteile von sich geben, aber auch eine falsche Ausgewogenheit vermeiden, etwa wenn man die KI nach dem Verhältnis von Klimaschutz und wirtschaftlichen Interessen befragt. Fachleute warnen: Man kann in diese Systeme einen Respekt vor demokratischen Grundrechten programmieren, aber sie können sich auch immer wieder mit seltsamen Vorstellungen verselbständigen.
Und selbst wenn sich den maschinengenerierten Texten eine einigermaßen zivile Weltanschauung einpflanzen lässt, entsteht ein Widerspruch: dass wir sie mit Werten programmieren, an die sich die Menschen, als Einzelne und im Kollektiv, selbst sehr oft gar nicht halten. Dann entsteht die Illusion, die KI-Maschinen, die uns Entscheidungen abnehmen sollen, seien besser als die Menschen. Besser können sie aber nur im technischen Sinne werden. Nicht im moralischen.
Johann Schloemann, sueddeutsche.de, 13.4.2023 (online)