In ihrem vielleicht luzidesten Moment wurde Wetten, dass..? bemerkenswerterweise zum Exkurs über das Fernsehen selbst. Gottschalk flachste, mit extra Sendezeit wie die beiden bei Pro Sieben sei er nie beschenkt worden, was eine hübsche Umschreibung dafür ist, dass er bei Wetten, dass..? schon immer selbstbestimmt die Zeit überzog. Doch, es sei schon so, sagte Winterscheidt, dass „Töne von Ernsthaftigkeit besser gehört werden, wenn man vorher Quatsch gemacht hat“. Bei Pro Sieben um viertel nach acht schauten ihnen, sagte Heufer-Umlauf, Leute zu, die nicht damit rechnen, „dass da noch was anderes kommt. …
Früher nannte man das, was er meinte, einen prickelnden Moment oder Überraschungseffekt. In einer Phase von Filterblasen und Polarisierung bedeutet die Sehnsucht nach dem guten alten linearen Fernsehen vielleicht auch, dass hervorragende Inhalte den Menschen etwas zumuten dürfen, anstatt sie – zum Beispiel in öffentlich-rechtlichen Mediatheken – vorwiegend mit Konserven-Inhalten zu bedienen, die sie mutmaßlich gerne konsumieren. So wie man das verstanden hat, am Samstagabend und überhaupt, gilt das besonders für das lahm gewordene Genre der Show. ….
Die Rettung der heißt sicher nicht Wetten, dass..?. Aber der Plan, den das Fernsehen braucht, könnte am Samstag formuliert worden sein: Crashen wir die Algorithmen. So ein Fernsehen wäre nicht nur ganz und gar zauberhaft. Es wäre unverzichtbar.
Claudia Tieschky, sueddeutsche.de, 8.11.2021 (online)