„Als Bürger habe ich nicht unbedingt den Eindruck, dass der Rundfunk mir gehört, und dabei ist das doch die Idee: Der Rundfunk gehört der Gesellschaft. Früher hatte ich den Eindruck, dass sich viele in den Anstalten als nicht rechenschaftspflichtig ansehen. Aber da gibt es jetzt einen Kulturwandel, der bei den Anstalten allerdings unterschiedlich schnell gelingt“, findet Wolfgang Schulz. Der Hamburger Jura-Professor und Direktor des Leibniz-Instituts für Medienforschung, Hans-Bredow-Institut, ergänzt, dass dieser Kulturwandel für die Anstalten überlebenswichtig geworden ist. […]
Aber lässt sich die Gesellschaft durch solche Gremien überhaupt noch abbilden? „Es ist keine Ideallösung. Aber der öffentlich-rechtliche Rundfunk muss eine Bindung an die Gesellschaft haben und es sollte einen hochprofessionellen Verwaltungs- und Rundfunkrat geben. Dafür wird ein Repräsentationsorgan benötigt, auch wenn das System Schwächen hat“, glaubt Schulz.
Eine ständische Organisation etwa nach Berufsgruppen, so der Medienrechtler, sei in einer modernen Gesellschaft nicht mehr zeitgemäß, politische Parteien als Vertreter bestimmter Bevölkerungsgruppen ebenfalls nicht unproblematisch, da sie staatsnah seien und Einfluss nehmen können: „Grundsätzlich müsste ständig geprüft werden, ob nicht auch neue Gruppen mit reingenommen werden.“
Die Zahl derer jedenfalls, die sich in ihrer Lebenswirklichkeit bei ARD und ZDF nicht mehr repräsentiert sehen, wird zunehmend größer.
Winfried Urbe, taz.de, 09.08.2023 (online)