Zitiert: Markus Beckedahl verabschiedet sich von netzpolitik.org

Als ich 2003 startete, befanden wir uns in den ersten Anfängen der Blogosphäre. Wir vernetzten uns über Verlinkungen. Die großen Plattformen wie heute gab es noch nicht. Ich kam aus dem Aktivismus und sah meine Rolle darin, Knotenpunkte in einer neuen vernetzten Öffentlichkeit zu schaffen, über diese Informationen zu teilen, und so mehr Menschen für den Erhalt und Ausbau von digitalen Grundrechten zu mobilisieren und zu demokratischem Engagement zu bewegen.

Diese Zeit bot große Möglichkeiten für alle, die wie ich mit einer Faszination für Medien aufgewachsen waren: Wir konnten auf einmal publizieren, ohne jemanden um Erlaubnis zu fragen. Wir konnten uns das Wissen dazu selbst erarbeiten – mit der richtigen Motivation und einem Verständnis für Technik.

Die Werte der Open-Source-Welt verschafften mir eine andere journalistische Perspektive darauf, was in unserem gesellschaftlichen Umgang (und Diskurs) mit Technik möglich ist: eine offene, vernetzte und kollaborative Netzpolitik – sowohl inhaltlich als auch in der praktischen Anwendung. […]

Geändert hat sich vor allem die Infrastruktur. Die Träume von Dezentralität, Offenheit, Demokratie und Freiheit sind der Realität der Plattformökonomie mit ihren Lock-In-Effekten und Skaleneffekten zum Opfer gefallen. Was mir häufig den Schlaf raubt, sind Fragestellungen, wie wir trotz der Dominanz weniger Unternehmen, die unsere Kommunikationsinfrastrukturen kontrollieren, gemeinwohlorientierte Alternativen schaffen und ausbauen können. Welche Rahmenbedingungen sind dafür notwendig und wie kommen wir dahin?

Letztendlich geht es immer um Machtfragen und darum, wie wir unter veränderten Rahmenbedingungen Demokratie erhalten und ausbauen können. […]

Weil mich umtreibt, wie sich unser Journalismus weiterentwickeln und verlorenes Vertrauen in Zeiten zunehmender Polarisierung zurückgewinnen kann, entwickle und kuratiere ich zusammen mit dem Bonn Institut für konstruktiven Journalismus seit dem vergangenen Jahr das „b future festival für Journalismus und konstruktiven Dialog “ in meiner alten Heimatstadt. Anfang Oktober findet die zweite Ausgabe statt und bringt eine große Community an Menschen zusammen, die Journalismus neu denken und praktizieren wollen.

Markus Beckedahl, netzpolitik.org, 14.03.2024 (online)

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Zitat der Woche
Gut zur Entgiftung des öffentlichen Diskurses wäre es, auch in den Beiträgen jener, die anders denken als man selbst, die klügsten Gedanken zu suchen, nicht die dümmsten. Man läuft natürlich dann Gefahr, am Ende nicht mehr uneingeschränkt Recht, sondern einen Denkprozess in Gang gesetzt zu haben.   Klaus Raab, MDR-Altpapier, 25.05.2020, (online)    
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Auf seinem YouTube-Kanal „Ryan ToysReview“ testet der kleine Amerikaner Ryan seit März 2015 allerhand Spielzeug. Die Beschreibung des erfolgreichen Channels ist simpel: „Rezensionen für Kinderspiele von einem Kind! Folge Ryan dabei, wie er Spielzeug und Kinderspielzeug testet.“ Ryan hat 17 Millionen Abonnenten und verdient 22 Millionen Dollar im Jahr. Berliner Zeitung, 04.12.2018 (online)