In jeder Krise gibt es den richtigen Moment, etwas Grundlegendes zu verändern. Man nennt ihn Kairos, es ist der Augenblick, der als solcher erkannt werden will, in dem Dinge möglich sind, die sonst nicht gewagt werden. In dieser Situation befindet sich der öffentlich-rechtliche Rundfunk. Er muss sich verändern. Und er kann es auch, davon bin ich überzeugt. Von außen durch neue Rahmenbedingungen, aber auch von innen. Durch eine neue Kultur des Anspruchs, des Experiments, des Risikos.
Die Diagnosen liegen vor […] Die für die Sender zuständigen Landesparlamente waren bislang kaum bereit, die jeweils landeseigene Anstalt durch konkrete Vorgaben – etwa in Form einer Reduktion des Angebots – einzuschränken. Dieselbe Politik, die einen „radikalen Wumms“ einfordert, hat genau diesen bislang immer verhindert. Es braucht einen Befreiungsschlag, darin sind sich alle Beteiligten einig.
Je größer die Krise, desto lauter fordert die Politik pauschal eine „Verschlankung“, eine Konzentration auf den „Kernauftrag“. Als besonders reformbedürftig gilt die ARD. Die neun Anstalten sollen besser zusammenarbeiten, in Technik und Verwaltung Synergien bilden. Passiert ist bislang – zu wenig. Das liegt sicher auch an der der ARD zugrunde liegenden föderalen Struktur.
Andres Veiel, sueddeutsche.de, 06.08.2024 (online)