Was wäre, wenn eine namhafte Zeitung oder eine öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt herginge und – in Reflektion der tatsächlichen Machtverhältnisse in der Gesellschaft – die Wissenschafts-, Wirtschafts- und Medienberichterstattung deutlich ausbauen würde?
Um als Bürgerinnen und Bürger wirklich mitreden zu können, müssten wir schlichtweg tagtäglich mehr über die Welt der Unternehmen, aber eben auch über den Wissenschafts- und den Medienbetrieb erfahren. Womöglich gäbe es weniger Demokratie- und Politikverdrossenheit, wenn wirtschaftliche Innovationen, wissenschaftlicher Fortschritt und Selbstreflexion des Journalismus mehr mediale Aufmerksamkeit erhielten.
Vielleicht hätte solch eine radikale Umkehr der Berichterstattungs-Schwerpunkte ja sogar segensreiche Wirkungen auf politische Entscheidungsprozesse. Denn diese sind ja immer auch medial getrieben, zugleich von wissenschaftlicher Beratern, von ökonomischen Rahmenbedingungen und von Umfrage-Ergebnissen mitbeeinflusst.
Stephan Russ-Mohl, tagesspiegel.de, 27.11.2022 (online)