Zu viele dieser Formate sind getrieben. Getrieben davon, ihre regelmäßigen Sendungen zu füllen, mit zu wenigen Redakteurinnen und wenigen freien Mitarbeiterinnen. Viel zu häufig ist eben nicht genug Zeit da, ein Thema bis zum Ende auszurecherchieren. Und genug Luft, regelmäßig Themen ausführlich anzurecherchieren, die nicht fast sicher in einer der nächsten Sendungen laufen werden. Selbst in den Formaten, die bekannt sind für Recherche und in ihren Sendern genau dafür zuständig sind. Die großen Recherchen sind diejenigen, die sich diese Formate zwischendurch bewusst leisten oder die dank Eigeninitiative und Überstunden der Reporterinnen zustande kommen – sie sind längst nicht die Regel.
Noch viel problematischer wird es dort, wo aktuell oder in der Fläche gearbeitet wird. Viel zu häufig wird einfach abgebildet. Viel zu selten haben die Reporterinnen die Zeit, die sie bräuchten, um einer Geschichte wirklich auf den Grund zu gehen. Denn schon ruft der nächste Tagesdienst, das nächste Thema, die nächste Pressekonferenz, die verarbeitet werden muss.
Regionale Recherchen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks wären derzeit wichtiger denn je. Schließlich gibt es immer weniger Lokal- und Regionalzeitungen. Und die verbliebenen Medien arbeiten unter immer größerem Druck. Es soll Verlage geben, die kaufen Zeitung um Zeitung auf – und rechnen nach der Übernahme jeder Reporterin die monatlich erzielten Klicks vor. Inhalte werden so beliebig, mit Journalismus hat das oft nichts mehr zu tun.
Studien zeigen: Ohne Journalismus vor Ort geht die Demokratie kaputt. Doch wie viel Journalismus, der Dinge rausfindet und auch gegen Widerstände veröffentlicht, gibt es in der Breite in den Rundfunkanstalten? Es braucht den Willen der Sender, die Masse an Programm zu verringern. Nicht, um Geld zu sparen – sondern um Ressourcen frei zu machen und damit den Reporterinnen die Chance zu geben, auch im Regionalen häufiger in die Tiefe zu recherchieren.
Daniel Drepper, journalist.de, 26.1.2023 (online)