Mir geht es um Wahrhaftigkeit in meinen Filmen. Was wir zeigen, ist Realität. Das ganze White-Washing, das sonst stattfindet, ist ideologisch, darin manifestiert sich weiße, männliche Vorherrschaft. Das ist unecht und es ist Zensur anderer Lebenswelten und somit das eigentliche Statement. Was wir zeigen, ist dagegen echt. Auch dass wir bisher kaum weibliche Liebesgeschichten sehen, ist gewollt, da andere Beziehungsformen das Patriarchat und unsere heteronormative Gesellschaft hinterfragten. Das Patriarchat ist ein Beziehungsmodell, das Frauen ausbeuet und die Gesellschaft so am Laufen hält, deshalb wird sie uns immer und immer wieder als das „Normale“, das „Richtige“ gezeigt. Es gab in den 1920er Jahren auch sehr viele Menschen mit Down-Syndrom im Straßenbild. Und es gab viele Schwarze, nicht immer nur Josephine Baker. Was ich zeige, ist also die Realität, das andere ist das, was politisch viel zu lange gewollt war, nämlich die Menschen, die vielleicht am Rande stehen, auszublenden, ihnen keine Sichtbarkeit und damit auch keinen Handlungsspielraum zu geben. Das ärgert mich so sehr. Zum Glück findet gerade ein Kulturwandel statt. Endlich. Endlich wird nicht mehr fast alles nur aus Sicht der Männer erzählt.
Julia von Heinz, Blickpunkt:Film, 14.12.2021 (online)