Die Verbreitungswege sind nicht mehr im (nicht besonders effizienten) öffentlichen Monopol organisiert, sondern gehören privaten Investoren, die ihre eigenen Ziele verfolgen. … Die frühere Sendelizenz, mit der Zuweisung knapper und damals besonders einflussreicher Kapazitäten verbunden, hat ihren Sinn verloren. Es gibt keinen sachlichen Grund mehr, warum audiovisuelle Medien eine Lizenz brauchen, statt wie schon lange bei der Presse und im Internet auf Lizenzfreiheit zu setzen. Eine Ausnahme ist noch UKW, aber in der Perspektive wird der Fernsehturm im Wesentlichen ein Baudenkmal und Aussichtspunkt sein. …
Einer der beiden Pfeiler unserer Rundfunkordnung, für den öffentlichen und den privaten Rundfunk, beruht auf der Knappheit der Übertragungsmöglichkeiten. …
Der zweite, auch heute noch tragfähige Pfeiler der Medienordnung ist die öffentliche Finanzierung, aktuell durch den Rundfunkbeitrag. … Nicht selbstverständlich ist es, dass diese Finanzierung ausschließlich etablierten Institutionen zugutekommt, im Vertrauen auf deren interne Reformbereitschaft. Das Privileg gegenüber privaten Medienunternehmen, keine finanziellen Einbußen durch die Digitalisierung zu erleiden, hat auch einen Preis. Die Medien sind keine Ausnahme davon, dass Innovation und kreative Zerstörung zusammenhängen. Müsste heute eine neue Lösung für die Wahrung öffentlicher Interessen an Medienvielfalt im Internet gefunden, wer käme dabei auf die hergebrachten Strukturen des Analogzeitalters? ….
Vorschläge, wenigstens einen Teil des Rundfunkbeitrags außerhalb der Anstaltsstrukturen zu vergeben, haben bisher kein Gehör gefunden.
Hans Hege, tagesspiegel.de, 21.6.2022 (online)