Wiederholt belegen Studien zum Journalismus, dass Vertrauen in etablierte journalistische Medien sinke, dass Nachrichtenmüdigkeit wachse, ebenso wie Nachrichtenvermeidung. Viele Menschen seien, so ein Befund, der massenhaft negativen Meldungen überdrüssig. Sie wünschten sich mehr „gute“ Nachrichten.
Gegenwärtig wird in solchen Kontexten dann immer wieder auf den „konstruktiven Journalismus“ gleichsam als Allheilmittel verwiesen und gesetzt. Dabei thematisiert man zumindest einen großen Elefanten im Raum erst gar nicht. […]
In der auf Deutschland bezogenen Fassung der Reuters-Oxford-Studie im Jahr 2022 war eine der acht vorgegebenen inhaltlichen Antwort-Möglichkeiten, warum man Nachrichten zumindest manchmal meide, diese Kritik: „Die Nachrichten sind nicht vertrauenswürdig oder voreingenommen.“
Leider war keine Antwort-Möglichkeit z.B.: „Die Nachrichten sind (zu) einseitig“. Aber die vorgegebene Version mit dem Kritikpunkt „Voreingenommenheit“ kam solcher Kritik doch relativ nahe – und landete immerhin auf Rang vier im Ranking der Studie, mit 23 Prozent der Nennungen von Nachrichten-Skeptikern. In der veröffentlichten Fassung von 2023 finden sich diese Aspekte interessanterweise gar nicht mehr. […]
Friedensjournalismus hat gerade im deutschsprachigen Raum eine mehr als 100 Jahre lange Tradition. Dieses Konzept lässt sich theoretisch und praktisch durchaus mit neueren Journalismus-Konzepten von „lösungsorientiert“ oder „konstruktiv“ verbinden. […]
Für den Journalismus wird der Anspruch formuliert, über Konflikte besonders sorgfältig zu berichten und mit ihrer Berichterstattung die Prävention von Konflikten sowie Friedens- und Versöhnungsprozesse zu unterstützen.
Sebastian Köhler, Telepolis, 08.08.2023 (online)