Nun, beim Gerangel zwischen Politikern, ARD-Mächtigen und Rundfunkräten kommt eine Gruppe gar nicht vor: die Produzenten selbst, die Redakteure. Es gibt nur schwache Redaktionsstatute, und das nicht überall. Redakteursausschüsse haben kaum eine Möglichkeit, sich im Rundfunkrat hörbar zu machen. Vor allem aber: Die Leidenschaft für Mitbestimmung ist gering. Vielleicht könnten echte Einwirkungsmöglichkeiten sie wecken. Und die Forderung läge eigentlich nahe: Um bei der Versorgung mit notwendigen Gütern das Gewinnstreben und das allgemeine Interesse zu balancieren, wurde nach dem Krieg die Montanmitbestimmung eingeführt, benannt nach dem Industriezweig, in dem das Modell zuerst entwickelt wurde. 50 Prozent der Aufsichtsräte stellen die unmittelbaren Produzenten. Sollte nicht die Produktion von Inhalten ebenso gegen Einzelinteressen gesichert werden?
Warum also nicht den Redakteuren und Journalisten eine starke Position in den Rundfunkräten geben? Es würde die Kompetenz der Räte heben, die Intendanten gegenüber der Politik stärken und die Medienkontrolle den Verbandseliten entwinden. Das klingt angesichts der Kräfteverhältnisse utopisch, aber wer das Radio retten will, sollte nicht zu wenig fordern.
Mathias Greffrath, taz.de, 15.09.2023 (online)