Viel zu selten nimmt man den öffentlich-rechtlichen Rundfunk als ein Medium wahr, das ausstrahlt: Wir werden fürs Veröffentlichen bezahlt, nicht fürs Verschweigen. Wir riskieren auch mal eine Auseinandersetzung vor Gericht, wenn es die Geschichte wert ist. Wir arbeiten daran, mit strategischen Geschichten und Klagen die Grenzen des Presserechts aktiv zu weiten.
„Wenn ich nur darauf achte, in der nächsten Rundfunkratssitzung keine Fehler erklären zu müssen, dann etabliere ich keine investigative Kultur.“
Ich könnte endlich regelmäßig vor Gericht auf die Herausgabe von Akten klagen. Pressegesetze und Transparenzrechte sind entscheidend für die Recherchearbeit von Journalistinnen. Trotzdem ist es die kleine gemeinnützige Organisation FragDenStaat, die in Deutschland mit Abstand die meisten Klagen auf Akteneinsicht gegen Behörden führt – vermutlich mehr als alle öffentlich-rechtlichen Sender zusammen. Dabei signalisiert wohl nichts mehr als eine gewonnene Transparenzklage gegen eine Behörde, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk auf der Seite der Beitragszahlerinnen kämpft.
Der ÖRR darf keine ängstliche Behörde sein, die auf Fehlervermeidung hinarbeitet, sondern muss den Journalismus verteidigen und nach vorne treiben, erweitern, ausbauen. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk muss zeigen, was möglich ist.
All das könnten öffentlich-rechtliche Sender schon längst leisten – wenn sie eine investigative Kultur etablieren und leben würden.
Daniel Drepper, journalist.de, 26.1.2023 (online)