Die Nachrichtenangebote der Öffentlich-Rechtlichen berichten nicht einseitiger als die der privaten Konkurrenz. Zu diesem Schluss kommt eine neue, von der Mercator-Stiftung ko-finanzierte Studie der Uni Mainz, die am 25. Januar veröffentlicht wurde. „Fehlt da was? Perspektivenvielfalt in den öffentlich-rechtlichen Nachrichtenformaten“ sei die bislang umfangreichste Untersuchung dieser Art, erklärte die Mercator-Stiftung. […]
„Es überrascht, wie ähnlich öffentlich-rechtliche und private Medien im Großen und Ganzen berichten“, erklärt Christiane von Websky, Leiterin des Bereichs Teilhabe und Zusammenhalt der Stiftung Mercator. „Angesichts der wachsenden Demokratie-Skepsis in der Gesellschaft, sollten sich die Redaktionen aber fragen, ob eine so starke Konzentration auf Fehler und Versäumnisse der Politik noch angemessen ist“.
verdi.de/rundfunk, 25.01.2024 (online)
Aus der Studie:
Fasst man die Befunde noch einmal sehr knapp zusammen, kann man festhalten, dass sowohl die Themenvielfalt als auch die Akteursvielfalt in den neun untersuchten öffentlich-rechtlichen Formaten durchweg hoch war. Natürlich wurden einige Themen deutlich häufiger behandelt als andere. Und vor allem den sehr deutlichen Sichtbarkeitsvorsprung der Regierungsgegenüber den Oppositionsparteien kann man auch kritisch sehen.
Die Berichterstattung der öffentlich-rechtlichen Formate entsprach in dieser Hinsicht aber nahezu exakt der durchschnittlichen Berichterstattung der 34 Vergleichsmedien. Dies ist auch nicht erstaunlich, weil öffentlich-rechtliche wie private Medien letztlich derselben journalistischen Logik folgen. Die tagesaktuelle Berichterstattung von Nachrichtenmedien ist ereignisgetrieben, und die Ereignislage führt mehr oder weniger automatisch dazu, dass bestimmte Themen und Akteure stärker in den Fokus geraten als andere. Nachrichtenjournalisten haben ein weitgehend identisches, durch ihre Ausbildung geprägtes Verständnis davon, welche Ereignisse und Akteure so wichtig sind, dass über sie berichtet werden muss. Dementsprechend gleicht sich die Berichterstattung verschiedener Nachrichtenmedien in Bezug auf Themen und Akteure zwangsläufig, und die geringen Unterschiede lassen sich im Wesentlichen darauf zurückführen, dass in bestimmten Formaten (Print- und Online-Medien) mehr Raum zur Verfügung steht als in anderen (Fernseh- und Radionachrichten […]
Insgesamt positionierten sich die neun hier untersuchten öffentlich-rechtlichen Nachrichtenformate folglich relativ gleichmäßig in einem durch Außenpluralismus, aber auch eine leichte Linksschiefe gekennzeichneten Mediensystem. Sie fielen durch einen gegenüber den Vergleichsmedien weniger kritischen Umgang mit den aktuellen Regierungsparteien auf, gehörten aber ansonsten nicht zu den Medien, die sich am stärksten positionierten. Allerdings berichteten sie im Schnitt auch nicht unbedingt vielfältiger und ausgewogener als die Vergleichsmedien, obwohl die Ansprüche an den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in dieser Hinsicht durchaus höher sind.
Marcus Maurer, Simon Kruschinski, Pablo Jost: Fehlt da was? Perspektivenvielfalt in den öffentlich-rechtlichen Nachrichtenformaten. (pdf)