Schon immer spielte Echtheit in der Politik eine Rolle, das Auftreten von Politikern ist seit jeher hochgradig inszeniert. Die Debatten etwa zwischen Franz Josef Strauß und Herbert Wehner, die Jüngeren noch heute als Sternstunden des deutschen Parlamentarismus vorgehalten werden, waren keineswegs spontan, sondern wohlgeplant.
Die Frage ist also nicht, ob Politik inszeniert ist, sondern eher, worauf die Inszenierung von Politik die Aufmerksamkeit des Publikums lenken soll. Und genau hier deutet sich derzeit ein noch nicht in Gänze erfasster Umbruch an, bei dem auch der Wandel der medialen Formate von Politik wichtig ist.
Julian Müller, Astrid Séville, sueddeutsche.de, 18.12.2022 (online)