Politiker wollen starke, aber nicht zu starke Sender: Sender, die Quote machen, denn nur dann zahlt sich ihr regelmäßiger Besuch in Talkshows aus. Dort werden sie gesehen (und zuweilen ist zu befürchten: nur dort). Im kommerziellen Fernsehen gibt es kaum noch Platz für sie: Ihre Performance ist weder unterhaltsam noch bringt sie gute Werbequoten ein. Die feste Commedia-dell’arte-Aufstellung der Sendungen, in denen sie sich wohlfühlen, markiert den Unterschied zu Unterhaltung(-en) in 3sat und Arte. Statt mit dem immer gleichen Personal von „Babylon Bundestag“ und „Deutschland von oben“ kann in den Kultursendern erlebt werden, wie tatsächlich öffentlich und miteinander gedacht wird. Es geht um das bessere Argument, um aufhellende Hintergrundanalyse und Vermehrung von Wissen und Einsicht in andere Lebenswelten. Den Gästen meiner Sendung sage ich, dass die jeweilige Sendung ein einziges Ziel habe: dass Zuschauerinnen am Ende klüger sind als vorher und sie sowohl das Thema, über das wir aus unterschiedlichen Perspektiven sprechen werden, als auch die mögliche Lösung von Problemen besser verstehen. Das gelingt nicht immer – so wie man überhaupt manches im ÖR aus gutem Grund kritisieren kann.
Gert Scobel, faz.net, 04.10.2024 (online)