Zitiert: Politische Feigheit der Länder ist kein Freibrief für die Sender

Nachdem sich die Länder im Juni nach sechsjähriger Debatte auf die Veränderungen bereits verständigt hatten, war die jetzige Verabschiedung keine Überraschung. Bevor der Vertrag im Frühjahr 2023 in Kraft treten kann, müssen ihm aber noch alle 16 Landtage zustimmen. Der Auftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, der im Medienstaatsvertrag festgelegt ist, basiert auf dem 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrages von 2009. Es war angesichts der veränderten Mediennutzung und der Anforderungen an den öffentlich-rechtlichen Rundfunk höchste Zeit, hier Veränderungen vorzunehmen. Die Ambitionen einer Länder-Arbeitsgruppe mit dem Namen „Reform des Auftrags und der Struktur“ des öffentlichen Rundfunks, werden jedoch nur teilweise Realität. Die Arbeitsgruppe war 2016 initiiert worden, um durch Reformen eine angedrohte deutliche Beitragserhöhung ab 2021 abzuwenden. Das ist nicht gelungen. […]

Doch die Beauftragung wurde nicht reduziert und es wurden auch keine strukturellen Veränderungen beschlossen, die eine kostengünstigere Verwaltung und Produktion ermöglichen. Im Gegenteil durch neue digitale Angebote von themenspezifischen Plattformen, ist mit einem höheren Finanzbedarf zu rechnen. […]

Da der novellierte Medienstaatsvertrag keine Strukturreform vorsieht und damit nicht „automatisch“ zu einem geringeren Bedarf und einem stabilen Rundfunkbeitrag führt, kann eine nächste Beitragserhöhung, die die Akzeptanz des öffentlich-rechtlichen Rundfunks weiter verringern würde, nur durch die Anstalten abgewendet werden. […]

Der Spielraum der Intendanten zu Einsparungen und kostensenkenden Strukturveränderungen ist deutlich größer, als sie der Öffentlichkeit weismachen. Es gibt mehrere Möglichkeiten, wie die öffentlich-rechtlichen Sender ohne staatsvertragliche Rückendeckung, Beitragsgelder einsparen können:

1. Mehr gemeinsame Projekte von ARD und ZDF, Vermeidung von Doppelberichterstattungen auch innerhalb der ARD.

2. Umsetzung alle KEF-Empfehlungen.

3. Durch eine Selbstverpflichtungserklärung, Begrenzung der außertariflichen Gehälter und Pensionen der Führungskräfte.

4. Strikte Kontrolle aller Baumaßnahmen und Investitionen. […]

Der 3. Medienänderungsstaatsvertrag gibt den Sendern mehr Spielraum für digitale Angebote und stärkt ihre gesellschaftspolitische Position. Daraus ergibt sich aber auch eine höhere Verantwortung für die Qualität der Inhalte und die sparsame Verwendung des Rundfunkbeitrages. Der „Befreiungsschlag“ für die ARD war nicht die zeitweilige Suspendierung des RBB von den Intendantensitzungen, es kann nur ein Strategiepapier mit beitragswirksamen Einsparungen sein.  

Helmut Hartung, medienpolitik.net, 24.10.2022 (online)

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Gut zur Entgiftung des öffentlichen Diskurses wäre es, auch in den Beiträgen jener, die anders denken als man selbst, die klügsten Gedanken zu suchen, nicht die dümmsten. Man läuft natürlich dann Gefahr, am Ende nicht mehr uneingeschränkt Recht, sondern einen Denkprozess in Gang gesetzt zu haben.   Klaus Raab, MDR-Altpapier, 25.05.2020, (online)    
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Auf seinem YouTube-Kanal „Ryan ToysReview“ testet der kleine Amerikaner Ryan seit März 2015 allerhand Spielzeug. Die Beschreibung des erfolgreichen Channels ist simpel: „Rezensionen für Kinderspiele von einem Kind! Folge Ryan dabei, wie er Spielzeug und Kinderspielzeug testet.“ Ryan hat 17 Millionen Abonnenten und verdient 22 Millionen Dollar im Jahr. Berliner Zeitung, 04.12.2018 (online)