Das Radio hat in den vergangenen 100 Jahren bewiesen, wie wandlungsfähig es ist. Mit der Digitalisierung findet es neue Ausspielwege und vor allem versendet es sich nicht mehr. Wer eine Sendung verpasst hat, kann sie jetzt in der Audiothek nachhören. Und Radiosender wissen schon lange, wie man den Dialog mit dem Publikum pflegt und Communitys bildet. Zugleich wächst die Konkurrenz im Internet. Wenn Radio also relevant bleiben will, muss es vor allem Anlass zum Hinhören geben, Diskussionsstoff bieten, zum Weiterdenken anregen. Radioprogramme müssen sich wieder unterscheiden, damit sie eingeschaltet werden. Wer Musik hören will, ist mit einer Playlist besser bedient.
Je hitziger in den sozialen Netzwerken diskutiert wird, umso wichtiger wird die Kulturtechnik des Zuhörens, das Bemühen, die Argumente der anderen zu verstehen, bevor man ihnen entgegnet oder gar über den Mund fährt. Radio ist mehr als Musik oder Audiojournalismus, und entgegen den Behauptungen vieler Radioberater ist es auch mehr als Mood Management. Ein gut gestaltetes Programm bietet Orientierung und hilft der Gesellschaft, sich selbst besser zu verstehen.
Diemut Roether, deutschlandradio.de, 24.1.2023 (online)