Ich selbst werbe seit vielen Jahren in Ministerien und auf Bildungskongressen ziemlich erfolglos für die Idee einer redaktionellen Gesellschaft, die im Kern besagt: Die Maximen des guten Journalismus müssen zu einem Element der Allgemeinbildung werden. Diese lauten beispielsweise: „Prüfe erst, publiziere später! Höre auch die andere Seite! Analysiere Deine Quellen! Argumentiere wahrheitsorientiert!“ Meine These lautet kurz und knapp, dass in diesen Maximen und Prinzipien des seriösen Journalismus heute ein Wertegerüst für alle liegt, die senden, posten, kommentieren. Und wer ist das nicht?
Meine Antwort: Es braucht ein eigenes Schulfach, das auf drei Säulen ruht. Zum einen auf der Medien- und Machtanalyse. Zum anderen braucht es die Medienpraxis, es gilt also, die Kunst der Rhetorik an die Schulen zurückzuholen und die Auseinandersetzung mit dem Wert des seriösen Arguments und die Auswahl von vertrauenswürdigen Quellen einzuüben. Und schließlich wäre eine Disziplin zu trainieren, die man „angewandte Irrtumswissenschaft“ nennen könnte. Hier ginge es darum, sich mit der ungeheuren Irrtumsanfälligkeit des Menschen zu befassen, um sich der Verführbarkeit durch Gerüchte, Falschnachrichten und Desinformation bewusst zu werden.
Bernhard Pörksen, rnd.de, 25.01.2022 (online)