Der große Unmut in der Stammhörerschaft von RBB Kultur gegen die Reform des Hörfunkprogramms wird nun von einer Umfrage des Landesmusikrates Berlin untermauert. … Im Gegensatz zur WDR-Umfrage handelt es sich um gut 1500 Teilnehmer, die zu 76,7 Prozent tatsächlich Hörer von RBB Kultur sind. Das Ergebnis ist schlagend: 64 Prozent der Befragten bewerten das Ergebnis der Reform als Verschlechterung, nur 9,5 Prozent können darin eine Verbesserung erkennen. Besonders wichtig waren für 93 Prozent fundierte Fachkenntnisse der Moderatoren statt ranschmeißerischer Plauderei; 83,5 Prozent wünschen sich Spezialsendungen zu einzelnen Musikgenres; 75 Prozent lieben Themenreihen (etwa zu Beethoven); 67 Prozent erwarten musikalische Bildungsformate von ihrem Kulturradio, worin sich der Wunsch nach Zuhören statt Durchhören ausdrückt. …. Natürlich hat auch diese Umfrage eine Schlagseite, weil sich in ihr genau jenes soziale Milieu als charakterstark und standfest behauptet, das von der WDR-Umfrage delegitimiert werden sollte. Verlässt man sich nicht auf Umfragen, sondern auf die Quote, die nach einer ähnlichen Programmreform beim MDR von 3,5 auf 2,4 Prozent gesunken sein soll, dann ist völlig klar, dass diese Reformen überall nur die Stammhörerschaft vergrätzen, ohne neue Hörer zu binden. Ihr eigentliches Ziel ist die völlige Abschaffung des Kulturradios.
Jan Brachmann, faz.net, 22.04.2021 (online)