Vierzehn Tage Zeit bleiben den Verbänden, Sendern und anderen Institutionen um der Rundfunkkommission der Länder ihre Änderungsvorschläge zum Reformpaket für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu unterbreiten, wenn die fünf Entwürfe Ende dieser Woche veröffentlicht werden. […]
Ursprünglich sollte die Anhörung erst nach der Konferenz der Regierungscheffinnen und -chefs Ende Oktober starten. Aber der öffentliche Druck, schnell zu einem Reformstaatsvertrag zu kommen, war den Ländern dieser enge Zeitplan wert. Selbst ein Gutachten der Beitragskommission KEF, das im Frühjahr beauftragt worden ist, soll keine Berücksichtigung bei der Neuformulierung der Staatsvertragsparagraphen mehr finden. […]
Vieles von dem, was in den Staatskanzleien in monatelanger Arbeit erdacht, rechtlich geprüft, unter den 16 Ländern abgestimmt und schließlich in Entwürfen für neue Gesetze formuliert worden ist, wird erst nach Jahren greifen. Oder glaubt wirklich jemand, die Reduzierung der Hälfte der Spartenkanäle nach einem inhaltlichen Korbprinzip verläuft ohne Interessenskonflikte zwischen ARD und ZDF? […] Oder nehmen wir die Pflicht zur Zusammenarbeit. Wie wird diese konkret umgesetzt? Wer überprüft es? Die Online-Angebote sollen künftig weniger presseähnlich werden, so sieht es der Entwurf des Medienstaatsvertrages vor. „Die eigenen Portale dürfen jeweils nicht presseähnlich sein. Sie sind im Schwerpunkt mittels Bewegtbild oder Ton zu gestalten“, heißt es bisher. Aber was bedeutet „im Schwerpunkt“? Wie schnell lässt sich das in den hunderten von Online-Portalen der Anstalten umsetzen? […]
Mit der Reduzierung von Hörfunkwellen und auch der Spartenkanäle – alles wichtige Schritte – lässt sich der Beitrag nicht stabil halten, das wissen alle Verantwortlichen in den Sendern. Die Pflicht zur Zusammenarbeit, eine Reduzierung der Ausgaben für Sportrechte, ein Eindampfen der Gehälter und ein Abbau von Doppelstrukturen sind schon eine andere Größenordnung, hier könnte gespart werden, wenn die Anstalten das auch ohne Hintertür umsetzen. […]
Über sechs Jahre hat es gebraucht, bis im September 2020 der Medienstaatsvertrag mit deutlich weniger Änderungen bei ARD, ZDF und Deutschlandradio in Kraft treten konnte. Dass es jetzt anscheinend gelingt, in gut zwei Jahren einen tiefgreifenden Reformprozess einzuleiten, zeugt vom Willen, spürbar etwas zu ändern. Auch, wenn sich manche Chefs der Staatskanzleien noch ambitioniertere Ziele gesetzt hatten. Doch auch Medienpolitik ist Kompromisspolitik und schon bei den fünf Entwürfen sind einige über ihren Schatten gesprungen.
Helmut Hartung, medienpolitik.net, 23.09.2024 (online)