Wir Datenjournalistinnen und Datenjournalisten sorgen dafür, dass die Menschen täglich eine detaillierte Beschreibung der Lage bekommen. Es ist doch eine Illusion zu glauben, dass die Leute sich die PDFs des RKI mit dessen Lageberichten angucken. Die breite Masse informiert sich durch Medien. Es ist bitter zu sehen, dass Politiker glauben, sie seien durch eine Excel-Tabelle gut mit Daten versorgt. Diese Tabellen ändern sich mitunter täglich in ihrer Struktur, man kann sie nicht als verlässliches Format nutzen. Das ist bei den Infektionszahlen so und es wiederholt sich jetzt bei den Impfzahlen. Die Politik hat die Kraft der Zahlen und ihrer Aufbereitung nicht erkannt und ist in weiten Teilen uninformiert. Politiker beschränken sich auf wenige Kennzahlen wie die 35er-Inzidenz. Ich empfehle ihnen, sich datenjournalistische Seiten anzugucken. Dort sieht man, wie man Dutzende von Datenquellen zusammenfügt, statt nur einen Lagebericht als PDF zu lesen. … Dass sich der Datenbereitsteller keine Gedanken darüber macht, ist aber eine große Ungerechtigkeit, weil kleine Redaktionen benachteiligt werden: Der Staat müsste es ermöglichen, dass auch eine Regionalzeitung in der Lage ist, Infektions- und Impfzahlen detailliert für ihr Erscheinungsgebiet zur Verfügung zu stellen. Das Wissen darüber, wie sich eine Pandemie bekämpfen lässt, hängt stark von Zahlen ab.
Johannes Schmid-Johannsen, Reporter beim Südwestrundfunk (SWR), kress.de, 16.03.2021 (online)