Die Lage ist paradox. Selbst wenn man der tiefen Überzeugung ist, dass die überdimensionierten Öffentlich-Rechtlichen keinen einzigen Cent mehr bekommen dürfen und alles anders werden muss, kann man nur feststellen: Gegen diese Blockade sollten die Sender unbedingt klagen. Sie müssen es sogar.
Denn die Länder erzwingen gerade ihren politischen Willen – Nein zur Beitragserhöhung -, indem sie eine Art rechtsfreien Raum für sich verlangen. Sie halten das offenbar nicht einmal für anrüchig. Deshalb geht es bei der Klage nicht nur um den Rundfunk, sondern, wenn man es ganz hoch hängt: um die Rundfunkfreiheit. […]
Niemand anderer als die Länder legt in den Mediengesetzen fest, was der öffentlich-rechtliche Auftrag ist und wie viele Sender es gibt. Alle zwei Jahre prüft die KEF als ein von den Ländern berufenes Sachverständigengremium mit gesetzlich verankerter Aufgabenbeschreibung, wie viel Geld die Sender für diesen Auftrag brauchen, wenn sie sparsam wirtschaften. Alle vier Jahre berechnet die KEF einen neuen Beitrag. Im Gesetz steht nicht, dass die Länder von der KEF-Empfehlung nicht abweichen dürfen. Jedoch: „Abweichungen sind zu begründen.“ […]
Es ist wirklich nicht so kompliziert. Die Länder könnten, wie gesagt, als Gesetzgeber jederzeit die Zahl der Sender in Deutschland halbieren – das würde den Beitrag senken. Das tun sie nicht. Medienpolitik braucht Einstimmigkeit, und irgendwer hat immer Standortinteressen. Was sie tun, aber nach allen Regeln der Rechtsstaatlichkeit nicht dürfen: jahrelang nichts ändern, sich darüber ärgern, zur Strafe das eigene Rundfunkmodell nicht finanzieren – und das als energische Politik verkaufen.
Claudia Tieschky, sueddeutsche.de, 28.04.2024 (online)