Der Schriftsteller Ernest Hemingway beispielsweise arbeitete lange als Reporter. In seinen Memoiren beschreibt der Journalist Sefton Delmer, der Hemingway begleitete, wie Hemingway für die New York Times aus dem Spanischen Bürgerkrieg berichtete: Er rief die Redaktion an und berichtete, was er vor Ort sah. Die Redaktion erstellte daraus einen Text, gab ihm einen Titel und gab Hemingway als Autor, als Quelle der Information, an. Aber den Text verfasst hatte er nicht. Wenn Hemingway literarisch sein wollte, schrieb er Bücher. Seine journalistische Leistung bestand in der Wahrnehmung vor Ort. Die Redaktion war sein Textprogramm, das nach journalistischen Kriterien aus seinen Inputs Inhalte formte.
Wer die Wichtigkeit dieser Form der Autorschaft für den Journalismus versteht, kann eine Zukunft des Journalismus erkennen, die anders, größer und hinsichtlich der Informationsabdeckung vielleicht sogar besser ist.
So wie KI es mittlerweile ermöglicht, bei Videocalls in anderen Sprachen zu sprechen, werden künftig auch Nichtjournalisten journalistisch berichten. KI hat die Kosten massiv gesenkt, von der Recherche über die Texterstellung und die Faktenprüfung bis zur zielgerichteten Zustellung der Information an die richtigen Empfänger. Das bedeutet, Menschen werden journalistisch aktiv werden, die zurzeit völlig ausgeschlossen sind von der Presse. Im Social-Media-Zeitalter konnten Menschen etwas sagen. Nun kann KI dabei helfen, was und wie sie posten. Dabei wird es zweitens ziemlich egal sein, ob die Inhalte Texte, Audio oder Video sind, weil sich mit KI das eine in das andere leicht übersetzen lässt.
Hannes Grassegger, standard.de, 23.10.2023 (online)