Zitiert: Selbstzensur im lokalen Journalismus

Medienjournalismus beschäftigt sich grundsätzlich zu wenig mit Lokaljournalismus und deshalb ist die Aufmerksamkeit für das von den Studienmachern hier als Selbstzensur“ beschriebene Phänomen eher gering. Es wären aber auch Kolleginnen und Kollegen anderer Ressorts gefordert, sich mit Lokaljournalismus zu beschäftigen: Gesellschaftsreporter und Politikberichterstattende.

René Martens, MDR Altpapier, 17.04.2024 (online)

Im Lokalen zeigen sich in Sachsen Anzeichen von Selbstzensur und zunehmend ausbleibender Berichterstattung in Folge extrem rechter Raumaneignung. […] Darüber hinaus sollte unbedingt weiter erforscht werden, wie ausgeprägt das Phänomen der Selbstzensur bereits ist und inwieweit sich diese Erfahrungsberichte auch auf andere Regionen in Sachsen und anderen Bundesländern generalisieren lassen, in denen die rechtsextreme Raumaneignung ebenfalls ausgeprägt ist und ein entsprechendes Wählermilieu sehr dominant ist.

ECPMF, 16.04.2024 (online)

Bereits in der letzten Studie wurde darauf hingewiesen, das fehlende Anonymität im Lokalen ein Sicherheitsproblem für Lokaljournalist:innen darstellen kann. In einer näheren Analyse des Bundeslandes Sachsen, welches seit 2015 insgesamt ein Drittel aller registrierten Fälle (117 von 390) auf sich vereint, zeigt sich zudem ein bisher unterbelichtetes Phänomen: Selbstzensur. Lokaljournalist:innen, die dort tätig sind, wo extrem rechte Raumaneignung im Lokalen erheblich fortgeschritten ist und in die sogenannte Mitte der Gesellschaft hineinreicht, berichten davon, dass gewisse Themen vor Ort aufgrund einer wahrgenommenen permanenten Bedrohungslage ausgespart würden.

Die Aussagen der interviewten Lokaljournalisten zeigen, dass zumindest in einigen Lokalredaktionen Sachsens die beschriebene Angst vor der Berichterstattung über rechtsextreme und verschwörungsideologische Akteur:innen und Bewegungen bereits Realität ist. Sie führt zu Selbstzensur und damit zu blinden Flecken in der Berichterstattung, die höchst problematisch sind. Wie die Befragten erklärt haben, fehlt es vor allem zunehmend an einer aufklärenden Berichterstattung über rechtsextreme Akteur:innen und deren Bewegungen. Viele dieser Akteur:innen geben sich Mühe, sich im lokalen Umfeld als fürsorgliche Nachbar:innen darzustellen und als solche auch in die lokalen Institutionen gewählt zu werden. Ohne kritische Berichterstattung gelingt die rechtsextreme Raumnahme leichter (…) Steigende Sicherheitsanforderungen und die Normalisierung von Pressefeindlichkeit führen dazu, dass Journalist:innen, besonders freie, häufiger auf lokale Berichterstattung verzichten, was ebenfalls blinde Flecken fördert.

Studie (pdf)

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Zitat der Woche
Gut zur Entgiftung des öffentlichen Diskurses wäre es, auch in den Beiträgen jener, die anders denken als man selbst, die klügsten Gedanken zu suchen, nicht die dümmsten. Man läuft natürlich dann Gefahr, am Ende nicht mehr uneingeschränkt Recht, sondern einen Denkprozess in Gang gesetzt zu haben.   Klaus Raab, MDR-Altpapier, 25.05.2020, (online)    
Out of Space
Auf seinem YouTube-Kanal „Ryan ToysReview“ testet der kleine Amerikaner Ryan seit März 2015 allerhand Spielzeug. Die Beschreibung des erfolgreichen Channels ist simpel: „Rezensionen für Kinderspiele von einem Kind! Folge Ryan dabei, wie er Spielzeug und Kinderspielzeug testet.“ Ryan hat 17 Millionen Abonnenten und verdient 22 Millionen Dollar im Jahr. Berliner Zeitung, 04.12.2018 (online)