Gebetsmühlenartig heißt es in weiten Teilen der Medienlandschaft, „ein Streik droht“. „Drohen“ kann nur etwas sehr negatives, schlimmes, oft katastrophales. Dabei bedarf es lediglich ein wenig Nachdenkens, um zu erkennen: Ein wie auch immer „drohender“ Streik kann nicht nur für die jeweiligen Beschäftigten, sondern auch gesamtgesellschaftlich durchaus Sinnvolles bewirken. Stichworte seien hier allgemeines Einkommensniveau, Rentensteigerungen, Arbeitszeitverkürzung. Das alles aber soll immer und komplett nur „drohen“?
Und selbst wenn Gewerkschafts-Leute selber sagten: „Wir drohen mit Streik!“, dann sollte das als Zitat der jeweiligen Person wiedergegeben werden, die damit womöglich gewisse taktische und strategische Absichten verbindet. Doch nachrichtliche Sachlichkeit verbietet es, Streiks fast immer mit dem Verb „drohen“ zu verbinden.
Sebastian Köhler, Telepolis, 22.11.2023 (online)