Zitiert: So wird Journalismus schleichend zu Öffentlichkeitsarbeit

Der journalistische Alltag besteht in einer Nachrichtenagentur inzwischen zu 30 Prozent aus unnötiger Arbeit – aus einem täglichen Kampf gegen die Verzögerung von Auskünften. Ein Jahr Ampelregierung von SPD, Grünen und FDP brachte keine Veränderung: Die Pressestellen bremsen selbst bei einfachsten Fragen: „Schicken Sie uns bitte eine E-Mail“, lautet die Standardantwort. Bis diese dann beantwortet wird, dauert es bestenfalls Stunden, manches Mal wartet man vergeblich. […]

Die Faktenlage wird auch deshalb unklarer, weil die Regierung bei wichtigen Fragen aufgehört hat zu kommunizieren. Beispiel Bundeskabinett: Dort werden Gesetzentwürfe auf den parlamentarischen Weg gebracht. Um journalistisch arbeiten zu können, um Fakten zu prüfen, einzuordnen und verständlich zu berichten, sollten die Gesetzestexte rechtzeitig und vollumfänglich zur Verfügung stehen – vorab und mit Sperrfrist, die mit der Beschlussfassung endet. In den letzten Regierungsjahren der CDU-Kanzlerin Angela Merkel kamen solche Informationen auffallend spät und spärlich.  […]

Manche Ministerien versuchen sogar zu kontrollieren, wie sie in Medien wiedergegeben werden. Anstelle von Pressegesprächen „unter eins“, aus denen zitiert werden kann, wird dann zu vertraulichen Hintergrundrunden „unter drei“ eingeladen. Wer daraus Zitate verwenden will, muss diese noch einmal der Pressestelle vorlegen, die dann darüber entscheidet, ob sie veröffentlicht werden und in welchem Wortlaut. Was bei bestimmten Inhalten aus Sicherheitsgründen gerechtfertigt sein mag, wird zum Normalfall. So wird Journalismus schleichend zu Öffentlichkeitsarbeit.

Mey Dudin, epd medien 50-51/22, 16.12.2022 (online)

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Zitat der Woche
Gut zur Entgiftung des öffentlichen Diskurses wäre es, auch in den Beiträgen jener, die anders denken als man selbst, die klügsten Gedanken zu suchen, nicht die dümmsten. Man läuft natürlich dann Gefahr, am Ende nicht mehr uneingeschränkt Recht, sondern einen Denkprozess in Gang gesetzt zu haben.   Klaus Raab, MDR-Altpapier, 25.05.2020, (online)    
Out of Space
Auf seinem YouTube-Kanal „Ryan ToysReview“ testet der kleine Amerikaner Ryan seit März 2015 allerhand Spielzeug. Die Beschreibung des erfolgreichen Channels ist simpel: „Rezensionen für Kinderspiele von einem Kind! Folge Ryan dabei, wie er Spielzeug und Kinderspielzeug testet.“ Ryan hat 17 Millionen Abonnenten und verdient 22 Millionen Dollar im Jahr. Berliner Zeitung, 04.12.2018 (online)