Echokammern und digitale Pranger entstehen nicht erst durch Algorithmen, sondern erwachsen aus der Grundlogik von Plattformen wie „X“ oder „Bluesky“.
Soziale Medien neigen dazu, Spaltung und Ungleichheit zu fördern – und daran werden auch verbesserte Algorithmen nur wenig ändern. Darauf deutet eine Studie hin, die Anfang August 2025 auf der digitalen Preprint-Plattform „arXiv“ veröffentlicht, aber noch nicht unabhängig begutachtet wurde.
Für ihre Untersuchung entwickelten Maik Larooij und Petter Törnberg vom Institute for Logic, Language, and Computation der Universität Amsterdam ein künstliches Mininetzwerk, das „X“ ähnelt: 500 simulierte Nutzer, ausgestattet mit Biografien und politischen Haltungen, konnten Beiträge posten, Inhalte teilen oder anderen folgen. Schon dieses einfache System erzeugte typische Probleme heutiger sozialer Medien: Es bildeten sich abgeschottete Gruppen, eine kleine Elite bekam die meiste Aufmerksamkeit, und extreme Stimmen wurden überproportional gehört. […]
Die Schwierigkeiten sozialer Medien sind nicht nur Folge bestimmter Algorithmen, sondern in der Grundlogik dieser Netzwerke verankert. Systeme, die auf Posten, Reposten und Folgen basieren, scheinen automatisch Echokammern hervorzubringen und bekannte Schieflagen zu verstärken. Wer Onlinedebatten wirklich verbessern will, müsse die Plattformen daher grundlegend neu denken – statt nur an den Stellschrauben der Technik zu drehen.
Corinna Hartmann, spektrum.de, 20.08.2025 (online)