Die Neurologin Molly Crockett erläutert in der Zeitschrift „Nature“, was einer Gesellschaft, in der eine Milliarde Menschen täglich soziale Medien nutzen, droht, wenn Gefühle unkontrolliert digital gesteuert werden. Sie belegt einmal mehr, dass das Bild des unbeteiligten Verteilkanals, das Plattformmedien wie Twitter & Co. gerne von sich zeichnen, nicht zutrifft. Denn diese Medien schöpfen ihren Profit aus hoher Aufmerksamkeit und Verweilzeit der Nutzer. Und beides lässt sich besonders gut durch Gefühle wie Wut und Ärger erzielen. Die Algorithmen sind entsprechend konstruiert: Sie sorgen dafür, dass Ungeheuerliches vom noch Ungeheuerlicheren abgelöst wird – in immer höherer Schlagzahl.
Digitale Medien können Wasser ins Feuer schütten oder Benzin, also Polarisierung überwinden oder verstärken, Zielgruppen erreichen oder dies verhindern – sowie taub machen für wirkliche Tragödien, soziales Engagement und echte Anteilnahme. Crockett regt weitere Forschung, ethische und regulatorische Empfehlungen an.
Marlis Prinzing, ejo-online.eu, 08.01.2018 (online)