Damit ich als Journalist meine Miete zahlen kann, muss ich jeden Monat vier bezahlte Texte veröffentlichen. Dazu kommen vier weitere Texte für Versicherungen und nochmal vier, um Geld für Essen, Trinken und sonstige notwendige Einkäufe im Alltag zu haben. Budget für einen Bar-Besuch mit Freunden, Kino, Museum oder auch nur eine Zugfahrt steckt da noch nicht drin. […]
Das macht mindestens 12 Texte pro Monat, um mich nicht zu verschulden oder zu hungern – vorausgesetzt, ich bekomme das Standardhonorar der Branche gezahlt, manchmal ist es auch weniger.
Ein Monat hat vier Wochen. Das bedeutet, ich muss jede Woche drei bezahlte Texte bei den Redaktionen dieser Welt vorschlagen, pitchen, recherchieren, schreiben, redigieren und schließlich veröffentlichen, damit diese Rechnung aufgeht. Will ich nicht auch noch am Wochenende arbeiten, bleiben mir dafür nur fünf Tage für drei Texte. […]
Die Konsequenz: Investigative Arbeit geht auf Kosten der JournalistInnen, die mit ihrer Arbeit ihre Existenz riskieren – oder sie fällt eben komplett unter den Tisch. Warum eine aufwändige Reportage über die Arbeitsbedingungen in der Spielebranche vorschlagen, die mehrere Wochen Recherche kostet, wenn in der gleichen Zeit drei Vorschauberichte oder Kurztests mehr Geld und weitaus weniger Stress einbringen würden?
Dom Schott, wasted.de, 14.5.2022 (online)