Ein paar Politiker verlieren die Nerven. Sie plädieren für Strafen gegen die Verbreiter von Falschinformationen. … So verrückt auch manche Aussagen, die auf den Kommunikationsmärkten kursieren, sein mögen – eine behördliche Identifikation von Unwahrheiten ist höchst gefährlich. Entsprechende Versuche entwickeln schnell eine Eigendynamik und führen früher oder später zu erheblichen Einschränkungen der Meinungsfreiheit. Die Fundamente für ein Wahrheitsministerium wären damit gelegt.
Kommt hinzu, dass es kaum möglich ist, Urhebern von eher bizarren Weltdarstellungen eine böswillige Absicht zu unterstellen. Und jene subversiven Kräfte, welche gezielt durch Falschinformationen eine gesellschaftliche Ordnung unterwandern wollen, verfügen ohnehin über die kommunikative Fähigkeit, ihre Absichten zu verdunkeln.
Fraglich ist zudem, ob Falschinformationen eine derart zersetzende Wirkung haben. Trotz allen Absurditäten, die auf dem real existierenden Kommunikationsmarkt in der Schweiz anzutreffen sind, funktionieren Politik und Wirtschaft hierzulande doch ziemlich einwandfrei. …
Wer präventiv Massnahmen gegen Desorientierung durch Fake News ergreifen will, sollte seine Aufmerksamkeit auf andere Felder richten: auf eine Wirtschaftspolitik, die genügende und qualitativ gute Arbeitsplätze schafft und damit alle gesellschaftlichen Kräfte integriert; auf eine Bildungspolitik, welche alle befähigt, Substanzielles von Nichtigkeiten zu unterscheiden; und auf eine Wettbewerbspolitik, die transparenzverhindernde Meinungsmonopole verhindert.
Rainer Stadler, infosperber, 09.12.2021 (online)