Der Journalismus kommt aus solchen Prozessen selten unbeschadet heraus. Was hängen bleibt: Irgendwas war doch dann falsch an eurem Text, oder? So funktioniert die Mechanik des Zweifel-Säens: Es werden Irritationen gestreut – und kaum jemand verfolgt und versteht die faktischen Details. So traf ich selbst in Prag einmal einen Diplomaten für ein Hintergrundgespräch, in dem er sagte: „Ah, die Recherche zu den Potsdam-Nazis – aber die musstet ihr doch korrigieren, oder?“
Strategische Klagen schädigen aber nicht nur die Glaubwürdigkeit des Journalismus, sie kosten Zeit. Als wir einmal zur iranischen Regierung recherchierten, fertigte mein Kollege nach der Veröffentlichung ein 80-seitiges Faktendossier an, um für Klagen gerüstet zu sein. Er arbeitete nächtelang. Wer als Journalist seinen Anwälten zuarbeitet, hat weniger Ressourcen, seiner eigentlichen Arbeit nachzugehen und weiter zu recherchieren. Mal sind es nur kleine Nebensätze, mal sind es juristische PR-Stunts, die teilweise ganze Teams über Wochen binden können. Und so untergraben PR- und Einschüchterungsklagen nicht nur die Pressefreiheit und die Demokratie, sondern sie kosten die Redaktionen Zeit, Nerven und Geld.
Jan Peters, kontextwochenzeitung.de, 16.04.2025 (online)