„Haben Sie den Text überhaupt gelesen?“, ist oft die erste Reaktion, wenn Artikel-Teaser in sozialen Medien kritisch kommentiert werden. Die falsche Frage sei das, findet Marina Weisband. Denn der Anreißer sei längst ein eigenes Genre, das für sich stehe. …. Denn der Tweet mit Bild, Überschrift und Teaser ist ein eigenständiger Text. Er wird von den meisten Lesern nämlich ohne den dazugehörigen Artikel gesehen und er erzeugt eine Wirkung. Er trägt zur Debatte bei. Und weil er ohne den Artikel funktioniert, kann man ihn auch ohne den Artikel bewerten.
Die adäquate Antwort auf „Das hier ist rassistisch“ ist nicht „Haben Sie den Artikel überhaupt gelesen?“. Ebenso wie die Antwort auf „Diese Werbung ist sexistisch“ ja auch nicht sein kann: „Haben Sie das Waschpulver überhaupt gekauft und ausprobiert?“ … Social Media und klassische Massenmedien leben schon lange in einer engen Symbiose miteinander. In dieser Symbiose hat sich der Artikelteaser zu einem eigenen Genre mit eigenen Regeln entwickelt.
Marina Weisband, medias res vom Deutschlandfunk, 02.09.2020 (online)