Wir sehen zu viel, zu schnell, zu unmittelbar und zu direkt. Und dies alles auf einem einzigen Kommunikationskanal. Information und Emotion fließen unter den aktuellen Medienbedingungen ineinander, das gerade noch weit Entfernte kommt uns ganz nah. Es ist dieser Kollaps der Kontexte, der – neben den Extremereignissen, dem Geschehen selbst – eine mediale Tiefenursache der großen Gereiztheit darstellt.
Es bedeutet, dass die feuilletonistische These von der Isolation ganzer Milieus in algorithmisch produzierten Filterblasen nicht länger haltbar ist. Wir können uns zwar in unsere Selbstbestätigungsmilieus zurückziehen, aber den Perspektiven anderer unter vernetzten Bedingungen nicht ausweichen. Die Konsequenz: Es regiert der Filterclash, das permanente Aufeinanderprallen von Parallelöffentlichkeiten; eben dies macht gereizt. Es fehlen Abkühlungs- und Ausweichmöglichkeiten, Formen der Distanznahme.
Bernhard Pörksen, turi2.de, 13.11.2023 (online)
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