Wenn der WDR jetzt bezüglich in die hauseigene Mediathek verklappter Ausgaben von Harald Schmidts Show „Schmidteinander“ sowie einiger Otto-Auftritte vor Inhalten warnt, die heute als diskriminierend empfunden werden können, so unterliegen derlei Markierungen einer grotesken Fehleinschätzung vom Auffassungsvermögen des Publikums unserer Zeit und früherer Jahre. Tatsächlich wäre es eine soziologisch interessante Frage, inwieweit die Verwendung sexistischer, rassistischer, antiklerikaler und anderweitig abschätziger Einlassungen der flapsigen Wortkünstler gegen Institutionen und soziale Gruppen zur nachhaltigen Liberalisierung der Bundesrepublik – und durch grenzüberschreitende Schallwellen auch der DDR – beigetragen haben. Die skrupellose Otto-Bande hatte sich ganz gezielt der Herausforderung der herrschenden Moral verschrieben und ist dabei ziemlich tief in den Massengeschmack vorgedrungen.
Harry Nutt, berliner-zeitung.de, 23.8.2023 (online)