Aber mit den Fragen ist das so eine Sache. Die Agentur hat Vorgaben gemacht: „The Zone of Interest“ soll Thema und Schwerpunkt dieses Gesprächs sein. Außerdem warnen Kollegen, es sei nicht so leicht, Interviews mit Hüller zu führen. Auf Fragen stelle sie gerne Gegenfragen. Und wenn sie keine Lust habe, über ein bestimmtes Thema zu reden, zeige sie das ziemlich deutlich. […]
Antworten so knapp und präzise, dass sie hinterher, als man ihr das Interview zur Autorisierung schickt, kaum etwas daran ändern wird. Andere Schauspieler erzählen viel und streichen hinterher die Hälfte davon wieder raus. Hüller streicht genau zwei Sätze, alles andere hat sie beim Sprechen bereits so formuliert, dass sie nichts zurücknehmen muss. […]
Sandra Hüller formuliert es ähnlich, sagt, als Kind habe sie gedacht, Nazis seien „Monster oder eine spezielle Menschenart“. Heute wisse sie, jeder Mensch habe diese Anlagen. „Jeder kann vereinfachen, unterdrücken, wahrscheinlich auch töten.“ Aber jeder könne auch entscheiden, „Faschistin oder Faschist zu sein und den Tod anderer Menschen in Kauf zu nehmen“. Im übertragenen Sinne würden das viele von uns machen, „jeden Tag“.
Anja Reich, berliner-zeitung.de, 10.03.2024 (online)