Keine andere Fernsehsendung hat so gut demonstriert, wie sehr es darauf ankommt, im Hier und Jetzt verankert zu sein, um zu funktionieren. Weil sich ja nur so den regelmäßig neu hinzu kommenden (und später wieder verschwindenden) jungen Zuschauer:innen die Welt altersgemäß erklären bzw. besingen lässt, in der sie gerade leben. Und sie bestärkt: Du kannst was, du bist stark, probier was Neues aus. […]
Die große Kunst der „Sesamstraße“ ist es, sich und ihren Grundwerten auch nach 2.931 Folgen treu geblieben zu sein – und trotzdem stets mit der Zeit zu gehen.
Was wiederum wie eine Ermahnung an das Medium und dessen aktuellen Zustand gesehen werden muss, bei dem alles darauf abzielt, sich in rosigere, aber längst vergangene Fernsehzeiten zurückzusehnen und manches wiederaufzuführen, was leider nicht ganz so zeitlos ist, wie es die Sender gerne hätten. Der stetige Wandel der „Sesamstraße“ ist ein ganz hervorragender Beleg dafür, dass Fernsehen immer auch Produkt seiner jeweiligen Zeit sein muss – und eben keine Nostalgie-Maschine, mit der es sich in die Vergangenheit zurückflüchten lässt.
Peer Schrader, dwdl.de, 8.1.2023 (online)