Sehr oft lese ich etwas über den Bedeutungsverlust von klassischen Medien in Zeiten von Social Media. Solange sich klassische Medien die Themen der Schreihälse in den Kommentarspalten der sozialen Medien vorschreiben lassen, wird sich dieser Bedeutungsverlust allerdings unvermindert fortsetzen.
Liebe Talkshow-Redaktionen, starke Medien haben sich schon immer dadurch ausgezeichnet, eigene Themen zu setzen und damit Debatten voranzutreiben, anstatt wie die Lämmer hinter etwas herzulaufen. Kennt eigentlich jemand den familienpolitischen Sprecher (oder ist es eine Sprecherin?) der AfD? Wer ist innerhalb dieser Partei die Stimme in Sachen Wohnungsbau oder Finanzpolitik? Eine Partei, die sonst gerne auf allen Kanälen große Töne spuckt, ist bei den eigentlichen Sorgen in diesem Land äußerst schweigsam.
Eine Talkrunde lebt von Köpfen, die zu einer Diskussion etwas beitragen können. Es gibt viele Themen, bei denen die AfD faktisch blank ist. Wenn solche Themen endlich von den Redaktionen den gebührenden Platz bekämen, gäbe es genügend Gesprächsstoff für unzählige Formate, ganz ohne AfD-Beteiligung. Angenehmer Nebeneffekt: Vielleicht kämen wir auf dem Weg zu einer Lösung der dringlichsten Probleme endlich einen großen Schritt vorwärts.
Lars Lubienetzki, verdi.de, 07.05.2025 (online)