Wissenschaftliche Nachrichtenanalysen zu den Kriegen in Jugoslawien, Afghanistan und dem Irak belegen sich wiederholende Muster: enge Meinungskorridore, Nachrichten im Häppchenformat, homogene Expert:innen-Pools. Es gab auch Kriegslügen, wie imaginäre Massenvernichtungswaffen im Irak zum Beispiel. Aber selbst ohne bewusste Falschmeldungen, schrieb die Berliner Medienforscherin Sabine Schiffer neulich im Tagesspiegel, „gibt es viele Nuancen der Einfärbung (Framing) und Verdrehung“, zum Beispiel „durch Auslassen, Euphemismen, durch eine Anordnung von Fakten, die Kausalität nahelegt, oder durch Metaphern, wie die von David gegen Goliath“. So kommen Perspektiven als Wahrheiten durch. […] Wir erleben Krieg aus der Liveperspektive des Schützengrabens. Fragen danach, wer wirtschaftlich und politisch vom Krieg profitiert, fehlen. […]
Seit letzter Woche greift die Türkei Kurdengebiete im Irak an. In der „Tagesschau“ ist davon kaum etwas zu sehen. Warum? Weil dieser Krieg nicht in Europa wütet? […]
Der Kampf um Freiheit und Demokratie muss für alle Gebiete gelten, auch denen außerhalb Europas. Und ob Ukraine, Westsahara oder Kurdengebiete, Medien stehen in der Pflicht, differenziert und ohne Rückhalt über alle Konflikte zu berichten. Denn wir können nicht wissen, was nicht berichtet wird.
Mandy Tröger, berliner-zeitung.de, 25.4.2022 (online)