Haben die Menschen überhaupt ein einheitliches Verständnis von Heimat? … Am häufigsten verstehen die Menschen unter Heimat einen Ort der Geborgenheit: Heimat als Wohlfühlfaktor. Etwas weniger Zustimmung findet ein Konzept, das Heimat territorialnationalistisch fasst, also die gemeinsame Sprache oder das Land, in dem man lebt, hervorhebt. Ein weiterer Faktor bezieht sich auf eine Kultur, die ich mit anderen teile. Hinzu kommt schließlich ein sentimentaler Faktor. Heimat ist „etwas von früher“. Bildungsreiche machen sich insgesamt weniger aus der Heimat. Sie verweisen selten auf die gemeinsame Kultur oder einen Ort, an dem andere Menschen denken wie sie und ihre Sprache sprechen. Heimat wird nicht gleichgesetzt mit Deutschland oder Besitz oder Geborgenheit.
Für Menschen hingegen, die bildungsarm sind, bedeutet Heimat gleichermaßen Geborgenheit wie „etwas von früher“ – eine verlorene Geborgenheit also. Außerdem teilen sie insbesondere das nationalstaatlich-territoriale Verständnis, für sie ist die kulturelle Einheit wichtig.
Jutta Allmendinger, sueddeutsche.de, 15.08.2019 (online)