Zitiert: Weshalb muss Oskar Schindler „lebendig“ werden

Für die Sendereihe „Deepfake Diaries“ in der ZDF-Mediathek verwandelt die Redaktion von „Terra X History“ Schauspieler mithilfe von Künstlicher Intelligenz in historische Persönlichkeiten wie Oskar Schindler oder Rosa Luxemburg. Manfred Riepe hält dies für digitale Augenwischerei. […]

Kann eine ausdrückliche Fälschung der Vermittlung geschichtlicher Fakten dienlich sein? Dieses paradox anmutende Kunststück verspricht eine neue dokumentarische Reihe aus der ZDF-Redaktion „Terra X History“ bereits im Titel. Basierend auf Tagebüchern werden die Geschichten von Oskar Schindler und anderen Persönlichkeiten der Zeitgeschichte noch einmal erzählt – mit der Kennzeichnung „Deepfake“. Dieser Anglizismus wird im Sprachgebrauch nicht mehr übersetzt. Er entspricht einem Kunstwort, das den Begriff „Deep Learning“ (also eine Methode des maschinellen Lernens mit „tiefen“ neuronalen Netzen) mit dem „Fake“ verknüpft. Sollen wir also mit einer nicht mehr erkennbaren Täuschung für dumm verkauft werden?

Gewiss, die Täuschung, der „Fake“, wird zu Beginn jeder der fünf Episoden von „Deepfake Diaries“ transparent gemacht. […] Inzwischen sind diese Tools in den Fernsehredaktionen angekommen. Damit wird erneut die Frage aufgeworfen, ob es eine Ethik des Fälschens gibt. […]

Was versteht der Historiker darunter, dass Schindler „lebendig“ wird und „sich unmittelbar mitteilt“? Ist das nicht ein semantischer Deepfake? Oskar Schindler, so viel ist sicher, wird in dieser Doku keineswegs „lebendig“. Er wird gefakt, wie in einem Videospiel. Was bringt diese digitale Augenwischerei? Welchen Mehrwert hat sie gegenüber einer dokumentarischen Erzählung, die Quellen und Dokumente präsentiert, zitiert und zuordnet?

Manfred Riepe, epd medien, 16.05.2025 (online)

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Gut zur Entgiftung des öffentlichen Diskurses wäre es, auch in den Beiträgen jener, die anders denken als man selbst, die klügsten Gedanken zu suchen, nicht die dümmsten. Man läuft natürlich dann Gefahr, am Ende nicht mehr uneingeschränkt Recht, sondern einen Denkprozess in Gang gesetzt zu haben.   Klaus Raab, MDR-Altpapier, 25.05.2020, (online)    
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Auf seinem YouTube-Kanal „Ryan ToysReview“ testet der kleine Amerikaner Ryan seit März 2015 allerhand Spielzeug. Die Beschreibung des erfolgreichen Channels ist simpel: „Rezensionen für Kinderspiele von einem Kind! Folge Ryan dabei, wie er Spielzeug und Kinderspielzeug testet.“ Ryan hat 17 Millionen Abonnenten und verdient 22 Millionen Dollar im Jahr. Berliner Zeitung, 04.12.2018 (online)