Natürlich darf man im juristischen Sinne sehr viel sagen. Ob man mit den Konsequenzen klarkommt und ob die Konsequenzen die richtigen sind, darüber sollten wir weiterhin diskutieren. Wenn Leute Jobs und Posten verlieren, mit massivem Hass im Netz überschüttet werden oder zu Hause bedroht werden, dann muss man natürlich genauer hingucken. Trotzdem ist es keine Cancel Culture, wenn einem Leute widersprechen. Was früher ohne Widerspruch durchging, geht es vielleicht heute nicht mehr, weil von Diskriminierung Betroffene sich besser äußern können. Die Diskurse gehören nicht mehr nur den privilegierten Männern. Wichtig ist, Räume zu erhalten, in denen Menschen sprechen können, offline sowie online. Wo ich wieder bei den Zumutungen bin, denen zivilgesellschaftliche Gruppen im Osten gerade ausgesetzt sind … herrje. Also: Was ich zum Beispiel gern mit Behörden machen würde, die geflüchtete Menschen dazu zwingen, für 80 Cent die Stunde zu arbeiten oder mit den Nazis, die im Osten gegen CSDs demonstrieren, würde ich hier jetzt zum Beispiel lieber nicht hinschreiben.
Paula Irmschler, taz.de, 18.08.2024 (online)