Während Telefonumfragen auf reine Zufallsstichproben setzten, erreichten Onlineerhebungen nur Personen, die eine gesteigerte Bereitschaft zur Teilnahme aufwiesen. Onlinedemoskopen argumentierten stets, die nachträgliche Gewichtung ihrer Daten sei ein Garant für Repräsentativität; so könne sichergestellt werden, dass Merkmale wie Geschlecht, Alter und Bildung in der Stichprobe ähnlich verteilt seien wie in der Gesamtbevölkerung. Doch das Problem entstehe schon bei der nicht zufallsbasierten Auswahl der Befragten, die Stichprobe sei nicht repräsentativ, sondern weise unbekannte Verzerrungen auf. „Für unbekannte inhaltliche Verzerrungen lässt sich nicht gewichten. Wie auch? Der Fehler ist in seiner Größe und Richtung nicht bekannt“, schreiben Pokorny und Hirndorf. […]
Ein weiteres Problem sei, dass reine Onlineumfragen die ältesten Bevölkerungsgruppen nicht ausreichend abdeckten. Im KAS-Praxistest führte das dazu, dass ein Institut mit Mixed-Mode-Umfrage mitteilte, seine Ergebnisse seien lediglich repräsentativ für die Bevölkerung zwischen 18 und 74 Jahren. „Aufgrund der deutschen Bevölkerungsstruktur ist jedoch gerade die Altersgruppe der über 70-Jährigen von großer Bedeutung. Ihr Anteil macht laut aktuellem Mikrozensus 21 Prozent der Gesamtbevölkerung aus.“ […]
Nach Einschätzung von Pokorny und Hirndorf sind zurzeit noch Telefon- oder Face-to-Face-Befragungen der Goldstandard der Demoskopie. Das könne sich durchaus ändern. Voraussetzung sei, dass die gesamte Bevölkerung das Internet nutze. „Zusätzlich muss das genutzte Online-Access-Panel offline über eine Zufallsauswahl aus der Gesamtbevölkerung rekrutiert werden. Eine Selbstrekrutierung der Befragten muss ausgeschlossen sein“, schreiben die beiden KAS-Autoren.
Reiner Burger, faz.net, 21.03.2024 (online)