Zitiert: Wie einseitig sind die Nachrichten im öffentlich-rechtlichen Rundfunk?

Die Unterschiede zwischen ÖRR und Vergleichsmedien sind überwiegend gering. Nur „Rente“ wird in den Vergleichsmedien mehr als doppelt so häufig thematisiert (in 0,7 statt 0,3 Prozent aller Beiträge). Migrationspolitik taucht im ÖRR in sieben Prozent, in der Vergleichsgruppe in sechs Prozent der Nachrichten auf.

In der Summe wurde die Themenvielfalt als Entropiewert gemessen. Den Unterschied zwischen ÖRR und Vergleichsmedien erklären die Forscher mit den „zeitlichen Beschränkung auf die Top-Themen des Tages“ in den zeitlich begrenzten Rundfunksendungen. […]

Sowohl die Themenvielfalt als auch die Akteursvielfalt in den neun untersuchten öffentlich-rechtlichen Formaten halten die Forscher für durchweg hoch. Kritisch könne man allerdings „den sehr deutlichen Sichtbarkeitsvorsprung der Regierungs- gegenüber den Oppositionsparteien“ sehen. […]

Die ÖRR-Sendungen „fielen durch einen gegenüber den Vergleichsmedien weniger kritischen Umgang mit den aktuellen Regierungsparteien auf, gehörten aber ansonsten nicht zu den Medien, die sich am stärksten positionierten.“

Allerdings hätten sie im Schnitt auch nicht vielfältiger und ausgewogener als die Vergleichsmedien berichtet, „obwohl die Ansprüche an den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in dieser Hinsicht durchaus höher sind“. […]

Ein grundlegendes Problem solcher Inhaltsanalysen ist allerdings auch, dass sie nicht auf die Details der Berichterstattung schauen, sondern nur bestimmte, vorher definierte Schlagworte erfassen. Dass sich damit Vielfalt und Ausgewogenheit wirklich messen lassen, kann man bezweifeln. […]

Zur schönen Frage „Fehlt da was?“ gehören zudem noch weitere Qualitätskriterien, etwa die Vollständigkeit. Dass ein Thema überhaupt auftaucht, sagt noch nichts darüber aus, ob es inhaltlich zureichend dargestellt wurde. […]

Eine weitere Schwäche der Studie wird zwischen den Zeilen deutlich: wenn nämlich davon gesprochen wird, dass man vom ÖRR in manchen Punkten etwas bessere Leistungen erwarten kann als von den privatwirtschaftlichen Medien.

Dass sich der beitragsfinanzierte Journalismus nur wenig vom marktwirtschaftlichen unterscheidet, ist ein Befund der Studie. Ob aber deutlich mehr zu leisten wäre, kann ein Vergleich der beiden Gruppen nicht zeigen.

Timo Rieg, Telepolis, 30.01.2024 (online)

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