Die Frage, ob man zum Beispiel bestimmte zeitliche Mindesterfordernisse und einen angemessenen Mindestanteil für Information und Kultur in den publikumsstarken Tageszeiten vorschreiben darf, ist sehr umstritten. Solche Quotenregelungen werden zumeist nur ausnahmsweise und als letzter Ausweg bezeichnet, etwa eine Quote von mindestens zehn Prozent für kulturelle Beiträge. Dies liegt auch daran, dass äußerst schwierig zu definieren ist, was unter Information, Kultur oder Bildung zu verstehen ist und dies juristisch wasserdicht zu formulieren.
Der Medienrechtler Hubertus Gersdorf geht in seinem 2018 für die Arbeitsgemeinschaft Dokumentarfilm erstellten Gutachten eindeutig zu weit. Er hält Sendezeitvorgaben für bestimmte Genres in der Hauptsendezeit ebenso für möglich wie die Festlegung, dass das Programmangebot im Ersten und Zweiten im Schwerpunkt aus Information, Bildung und Beratung bestehen muss und dann auch bei der Finanzierungsentscheidung bestimmte Budgets für diese Genres vom Gesetzgeber vorgegeben werden können.
Diese Ansicht übersieht, dass es bei der Erfüllung des Funktionsauftrags nicht allein auf den Inhalt der beiden Hauptfernsehprogramme, sondern auf das Gesamtangebot ankommt. Auch wenn Optimierungen im Ersten und Zweiten wünschenswert wären, liegt es in der Autonomie der Sender, selbst zu entscheiden, in welcher Weise und in welchen Programmangeboten sie ihren gesetzlichen und verfassungsmäßigen Auftrag erfüllen.
Wenn man bestimmte Anforderungen an einzelne Programme festlegen will, dann sollte dies so geschehen, wie es die Länder beim 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrag 2009 – bewusst unter Berücksichtigung der Programmautonomie – praktiziert haben, nämlich die Sender zu Selbstverpflichtungen in Form von Programmkonzepten für die Programme EinsFestival (heute One), EinsExtra (heute Tagesschau24), ZDFinfo und ZDFneo zu veranlassen, die als Anlage zu § 11 b des Rundfunkstaatsvertrags bis heute rechtlich verbindlich sind. Es ist dann Aufgabe der Rundfunkgremien, wie es Andreas Meyer-Lauber richtig sieht, darüber zu wachen, dass diese Konzepte auch umgesetzt und eingehalten werden.
Vergleicht man die recht hehren Programmkonzepte für One und ZDFneo von 2009 mit den heutigen Programminhalten, bestehen berechtigte Zweifel, ob die Sender ihre eigenen Konzepte für diese beiden Programme noch erfüllen und ob die beiden Kanäle noch zur Grundversorgung beziehungsweise zum Funktionsauftrag gerechnet werden können.
Jürgen Betz, epd medien 4/21, 29.01.2021 (online)