Vielleicht ist es die Illusion von einer politischen “Mitte“, die in vielen Redaktionen die Vorstellung nährt, es gäbe ein Dazwischen bei Antirassismus und Rassismus. Dem ist nicht so. Die journalistische Zunft, die nicht rechts sein und sich gegen Rassismus stellen will, muss sich ihren Vorurteilen bewusst werden. Frei von Vorurteilen kann man nicht sein. Doch man kann sich ihrer klarer werden. Und versuchen, Methoden zu etablieren, die sie sichtbar machen, um sie entschärfen oder thematisieren zu können. Nur so kann es gelingen, Sensibilität für alltäglichen Rassismus zu entwickeln, der allerorten in den gesellschaftlichen Vorgängen und Institutionen steckt. Das ist schwer, weil ungewohnt und wahrscheinlich schmerzhaft für einen selbst und das (berufliche) Umfeld: Möglicherweise ist man gar nicht so vorurteilsfrei wie man immer dachte.
Lorenz Matzat, medium.com, 25.02.2020 (online)