Mir kam ein sehr höflicher, ungeheuer interessierter Mensch entgegen, mit dem es großen Spaß machte zu diskutieren, über die digitale Welt, über das emanzipative Potenzial des Internets. Dieser Mensch hatte kaum etwas mit dem zu tun, was Journalisten in aller Welt über ihn verbreiteten – die ihn allerdings auch nie getroffen haben, denn es war ziemlich schwer, überhaupt in der Botschaft empfangen zu werden. …. Ich dachte, er sei ein dubioser Hacker, der nicht unbedingt verantwortlich handelt, ein Anarchist. Dann lernte ich, dass es nicht viele Journalisten gibt, die derart intensiv darüber nachgedacht haben, wie Öffentlichkeit auf globaler Ebene funktioniert und was investigativer Journalismus leisten muss. Dazu hatte Assange viel Interessantes zu sagen. …. Assange sieht sich nicht als Rechter und nicht als Linker. Er hat etwas Libertär-Anarchistisches.
Michael Sontheimer, fr.de, 04.01.2021 (online)